Asiatische Religion
im Westen
25
Jahre Pagode Viên Giác in Hannover,
Germany
Jürgen Rattay
Seit 25 Jahren gibt es in Hannover ein vietnamesisch-buddhistisches
Zentrum. Als der jetzige Abt Thich Nhu Dien 1977 nach Deutschland kam,
betreute er anfangs die vietnamesischen Flüchtlinge, ließ sich 1978 in
Hannover (in einer kleinen Wohnung in der Kestnerstraße) nieder und
widmete sich der geistligen Betreuung der ständig wachsenden Zahl
buddhistischer Vietnamesen in Deutschland, deren geistliches Oberhaupt
er zur Zeit ist.
1980 wurden in der Eichelkampstraße Hallen gemietet. 1984 wurde der Plan
gefasst ein eigenes Gebäude zu errichten, da die Zahl der Besucher enorm
anstieg. Das Gelände in der Karlsruher Straße 6 wurde der Beton-Union
abgekauft. Den Bauplan entwarf der Architekt Tran Phong Luu (Der Bauplan
der Pagode hat sogar Eingang in ein Buch für Architekturstudenten
gefunden). Schon in der Planungsphase erwies sich Dr. Meihorst,
Ehrenvorsitzender der Ingenieurskammer, als Förderer und Freund. Mit
Hilfe der sogenannten '1-Quadratmeter-Aktion' gelang es dem Abt Thich
Nhu Dien Gelder für den Baubeginn zu sammeln. Auch der
ehemaligeMinisterpräsident, Dr. Ernst Albrecht, zeigte sich den
Vietnamesen gegenüber als wohlgesonnener Gönner, sein Name ist in die
große Glocke aus Taiwan gegossen. Die Grundsteinlegung wurde während des
Vesak-Festes ‘87 begangen. Am 18.
Mai ‘90 feierte man das Richtfest auf dem Dach der großen Halle. Während
der Bauphase kam es immer wieder zu finanziellen Engpässen, jedoch
zeigten sich die Firmen (u.a. die Baufirma Mehmel) den Vietnamesen
entgegenkommend, was die Zahlung der Kosten in nachträgliche Raten
betraf.
Dass die Gesamtkosten nicht höher wurden, ist dem selbstlosen Einsatz
vietnamesischer Handwerker zu verdanken. Beim Vesak-Fest ‘91 wurde die
Einweihungsfeier begangen, obwohl noch nicht alles fertig gestellt war.
7.000 Gäste und mehr als 30 Ordinierte feierten eine Woche. Erst beim
Vesak-Fest ‘93 konnte der endgültige Abschluss gefeiert werden.
Die Pagode Viên Giác zählt zu den größten weltweit außerhalb Vietnams,
vom Baustil eine der modernsten ihrer Art. Von 1989 bis 1993 wurde sie
aus Spendengeldern in Höhe von 4,5 Millionen Euro erbaut. Sie ist die
wohl größte buddhistische Einrichtung in Deutschland, zählt sogar zu den
touristischen Attraktionen der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Besonders engagierte sich Thich Nhu Dien während der EXPO 2000 für den
Interreligiösen Dialog (Tag der Weltreligionen) und leitete gemeinsam
mit Rei Ho Hatlapa vom Choka Zendo / Lebensgarten Steyerberg die
buddha-dharma-expo-2000 in der Pagode.
Während der EXPO gab es auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem
Bhutan-Pavillon (Nationentag Bhutan). Daraus resultierte im April 2001
eine
hochoffizielle Einladung des bhutanesischen Königshauses nach Bhutan.
Die Internetseiten der Pagode (http://viengiac.de)
sind auf vietnamesisch, englisch und deutsch. Neben einer Beschreibung
mit vielen Fotos der Pagode und des Abtes gibt es auch viele
Informationen zum Buddhismus und Unterweisungen in die buddhistische
Lehre.
Seit 1974 bis heute schrieb und übersetzte der Ehrw. Thich Nhu Dien 34
Werke in vietnamesisch, englisch, chinesisch und deutsch. Seine Bücher
sind in der Pagode erhältlich. Aus Dankbarkeit für die Hilfe der
Bundesrepublik und der deutschen Bevölkerung hat der Abt sein neuestes
Buch 'Danke schön Deutschland' zum 25jährigen Jubiläum geschrieben. In
diesem Buch zieht der Ehrwürdige noch einmal Bilanz zu den vergangenen
Jahren
mit einem sehr ausführlichen, genauen Zahlenwerk. Das Buch ist geprägt
von starken emotionalen Eindrücken, wie der Abt die Deutschen und die
Vietnamesen sieht. Es ist daher auch ein Plädoyer zur offiziellen
Anerkennung der buddhistischen Religion in Deutschland.
Im Juni nun wird das Jubiläum mit mehreren Feiern begangen. Am 21.06.
gibt es in der Pagode ein Programm mit Kulturbeiträgen speziell auch für
Deutsche. Viele Würdenträger aus Politik und Wirtschaft, Vertreter
anderer Religionen und Ehrengäste werden geladen. Drachentanz,
Ansprachen und Informationen zu den vergangenen 25 Jahren runden das
Festprogramm ab.
Am 28. und 29.06. wird neben den Feierlichkeiten zum 25jährigen Bestehen
der Pagode auch der neue Abt des Klosters ernannt (Thich Hanh Tan),
welcher die künftige Arbeit der Pagode leiten wird. Diejenigen, die in
der Vergangenheit die Pagode besonders unterstützt haben, werden
ausgezeichnet und anlässlich des 25jährigen Jubiläums der
Viên-Giác-Zeitschrift erfolgt die Preisverleihung eines
Schreibwettbewerbes zu Europa.
Die Pagode Viên Giác wird auch in Zukunft ein wichtiger Anlaufpunkt
spirituell interessierter Laien und Ordinierter sein. Sie wird auch
unter einem neuen Abt viel zu einem interreligiösen Dialog beitragen.
Sie steht für Frieden, Ausgeglichenheit und Verständnis in einer
unruhigen, beängstigenden Epoche. Wenn künftig der Buddhismus eine
anerkannte Religion in Deutschland
sein wird, kommen neue intensive Aufgaben auf die Pagode zu. Aber, wie
die vergangenen 25 Jahre zeigten, wird der Buddhismus hier im Herzen
Europas weiter wachsen und blühen.
Jürgen Rattay
Jürgen
Rattay (Jahrgang 1956, deutscher Buddhist seit 1997 (Zufluchtnahme in
der Pagode Viên Giác - Hannover), engagiert im Buddhistischen Bund
Hannover (Deutschland) als Redaktionsmitglied in dessen Zeitschrift 'Der
Mittlere Weg' und in der Pagode Viên Giác, Hannover, als Webmaster
für den deutschen und englischen Internet-Teil und bei der
buddha-dharma-expo-2000 mitgearbeitet (Mitglied der buddh.-vietn.
Delegation nach Bhutan April 2001).
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