Der Islam – eine Religion der Gewalt oder des Friedens?

 

Überlegungen anlässlich der Ereignisse vom 11. September 2001

 

Christine Schirrmacher

Nach den Terroranschlägen von New York und der Verhinderung offensichtlich mehrerer weiterer geplanter Anschläge in Europa und den USA stellt sich mit neuer Dringlichkeit die Frage nach einer Beurteilung des Islam. Fassungs- und ratlos stehen Menschen vor den Ereignissen. Warum in aller Welt tun Menschen so etwas? Ist der Islam eine Religion, die Gewalt lehrt? Oder sind die Anschläge nur Verirrungen einiger fanatischer Terroristen, die sich zu Unrecht auf den Islam berufen?

Es ist zu begrüßen, daß von vielen Seiten angemahnt wurde, nicht DIE Muslime für die Terroranschläge verantwortlich zu machen oder des Terrorismus zu verdächtigen. Hysterie und Pauschalurteile sind ebensowenig angebracht wie Scheuklappen bei der möglichst lückenlosen Aufklärung der Hintergründe. Es ist in dieser Zeit besonders wichtig, auch weiterhin  den unpolitisch denkenden, friedliebenden türkischen Nachbarn oder Arbeitskollegen als Mitmensch und Mitbürger zu sehen, nicht als Feind. Viele Muslime haben die Terroranschlägen bereits verurteilt.

Mit der Türkei verbindet Deutschland ein traditionell gutes Verhältnis, das in der Geschichte des 20. Jahrhunderts seine Wurzeln hat. Zudem ist Deutschland keine Kolonialmacht im eigentlichen Sinne gewesen, die Wunden der kolonialen Vergangenheit im Verhältnis zu Deutschland nicht annähernd so tief wie im Verhältnis zu Frankreich oder England.

Der türkische Islam ist in mancher Hinsicht viel unpolitischer als der arabische Islam. Die Mehrheit der türkischen Muslime führt ein unpolitisches Leben.

DIE Muslime gibt es  nicht, ebensowenig wie DIE Christen. Es gibt die Mehrheit der etwa 90% Sunniten, die etwa 8-9% Schiiten, dazu etliche Minderheiten und Sondergruppen wie die Alawiten, Drusen, Yezidis, die Ahmadiyya, die Baha’i oder die Ahl-i haqq, die sich in grundlegenden Auffassungen erheblich voneinander unterscheiden.

In Deutschland dominiert der sunnitische, türkische Islam. Von den etwa 3,3 Mio. Muslimen sind etwa 2,1 Mio. Menschen türkischer Herkunft (darunter Minderheiten wie die Kurden, Alawiten, Yezidis). Der türkische Islam unterscheidet sich – nicht zuletzt aufgrund der Trennung zwischen Staat und Religion in der Türkei – erheblich vom arabisch oder iranisch geprägten Islam. Die Mehrheit der Muslime weltweit lebt nicht in den Kernländern des Islam, sondern in Südostasien, in Indonesien und Indien.

 

Die Bandbreite an friedlichen und kämpferischen Aussagen im Koran

 

Der Koran enthält Verse, die von Frieden, vom Friedenstiften, von Versöhnung und vor allem der Barmherzigkeit Gottes sprechen, allerdings vor allem in Bezug auf Frieden zwischen Muslimen (49,10) oder dem Frieden, den die gläubigen (Muslime) im Paradies erleben werden (56,26; 15,47).

Andere Korantexte sprechen von Gewaltanwendung, ja ordnen sie regelrecht an: „Prophet! Führe Krieg gegen die Ungläubigen und die Heuchler und sei hart gegen sie! Die Hölle wird sie aufnehmen – ein schlimmes Ende!“ (Sure 66,9 u. a.). Die Frage, die der Koran offenläßt, lautet, für wen diese Aufforderungen zur Gewaltanwendung gelten und für welche Zeit unter welchen Umständen sie in Kraft treten könnten. Hier gibt es eine Bandbreite an Auffassungen unter muslimischen Theologen: Solche, die Gewaltanwendung an sich ablehnen und sich dafür auf die Koranverse beziehen, die den (friedlichen) Ruf zum Glauben beinhalten, andere sind der Auffassung, daß nach einer Zeit der friedlichen Verkündigung des Islams auch kriegerische Mittel gegen "Ungläubige" eingesetzt werden können. Wieder andere Gruppierungen verfolgen das Ziel der Umgestaltung der westlichen Gesellschaft mittels des Erstreitens rechtlicher Gleichstellung mit den christlichen Kirchen, lehnen aber Gewaltanwendung ab.

Wenig klärend angesichts dieser Bandbreite an Meinungen kommt hinzu, daß der Islam keine oberste Lehrautorität kennt, die für alle Muslime oder den größten Teil authoritativ sprechen könnte. Kein Gremium, kein Konzil und keine für alle verbindliche Bekenntnisschrift legt die Inhalte und Lehren fest, die alle oder ein Großteil der islamischen Gruppierungen als „islamisch“ oder „nicht islamisch“ beurteilen würde.

 

Muslime in Deutschland

 

Die Mehrheit der Muslime in Deutschland lebt und denkt mit Sicherheit unpolitisch. Es gibt zwar auch unter türkischen Muslimen islamistisch-extremistische Gruppierungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Für die Mehrheit der Muslime ist der Islam vor allem eine Religion und Lebensweise, die mit Kultur und heimischen Traditionen verbunden ist (religiöse Vorschriften, Feste und Bräuche). Viele türkische Muslime sind säkularisiert und befolgen die "5 Säulen" des Islam (Bekenntnis, Gebet, Fasten, Almosen, Wallfahrt) nur noch wenig oder gar nicht mehr.

 

Islamismus in Deutschland

 

Für islamistische Gruppierungen, die auch in Deutschland und ganz Europa vertreten sind, hat der Islam jedoch immer eine politisch-gesellschaftliche Dimension, der sie zur Durchsetzung verhelfen möchten. Gleichberechtigung mit anderen religiösen Gemeinschaften vor dem Gesetz, Anerkennung des Islam als drittgrösste Religionsgemeinschaft und Ausschöpfung aller rechtlichen Freiräume zur Gestaltung des innerislamischen kulturellen und religiösen Lebens zur letztlichen Durchdringung der Gesellschaft mit den Werten und Gesetzen der islamischen Ordnung sind ihre Ziele. Diese Gruppierungen stehen in Deutschland unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, da sie sich in ihren Tätigkeiten und Verlautbarungen in dem Wunsch, ein Staatsgebilde nach den Prinzipien von Koran und „sunna“ aufzurichten (der vorbildlichen Lebensweise Muhammads und seinen Entscheidungen in Einzelfragen) so deutlich von den Grundzügen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung absetzen, daß sie als demokratiefeindlich eingestuft werden. Hinzu kommen einige terroristische Vereinigungen, die bereits in Kollision mit dem deutschen Gesetz gerieten.

Die Lehre vom „Djihad“

 

Der arabische Begriff „djihad“ bedeutet nicht an sich „Heiliger Krieg“, sondern 'Anstrengung', oder 'Bemühen', nämlich das Bemühen auf dem Weg Gottes zur Umsetzung und Ausbreitung des Islams und der Wahrheit der Botschaft des Korans. Das 'Bemühen auf dem Weg' oder 'Bemühen für die Sache Gottes' (arab. jahada fî sabîl allâh) kann sowohl friedliche Mission als auch kriegerische Aus­einandersetzung beinhalten.

 

Aussagen des Korans über den Djihad

 

Der Koran verwendet den Begriff "djihâd" an etlichen Stellen. Die Betonung des Begriffs liegt in der sogenannten "mekkanischen" Zeit - also der Frühzeit des Islam und Muhammads ersten Verkündigungen von etwa 610 - 622 n. Chr. in seiner Heimatstadt Mekka - eher auf der friedlichen Überzeugung der nichtmuslimischen Landsleute Muhammads. In dieser Frühzeit des Islam kämpfte Muhammad verzweifelt um Anerkennung und konnte alleine aufgrund der eigenen politischen Machtlosigkeit nicht an kämpferische Auseinandersetzungen mit der ablehnenden Mehrheit in der Stadt Mekka denken.

In der medinensischen Zeit - also den Jahren nach der Übersiedlung der ersten muslimischen Gemeinde von Mekka nach Medina im Jahr 622 n. Chr. – wandelt sich die Konnotation des Begriffs „djihad“. In Medina konnte Muhammad in seiner zunehmend gefestigten Position als Gemeindeoberhaupt und Heerführer die kriegerische Auseinandersetzung mit den drei großen jüdischen Stämmen Medinas und mehreren arabischen Stämmen aufnehmen. Hier ist der Begriff "djihâd" vermehrt als 'Kampf' oder 'kämpferischer Auseinandersetzung' zu interpretieren. Sure 47,4 formuliert z. B.: „Wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann schlagt (ihnen) auf die Nacken! Wenn ihr sie schließlich vollständig niedergekämpft habt, dann legt (sie) in Fesseln. Danach gilt es, sie aus Gnade oder gegen Lösegeld zu entlassen ... Denen, die auf Gottes Weg getötet werden, wird er ihre Werke niemals fehlgehen lassen.“

Nach Sure 49,15 ist die Bereitschaft, den "djihâd" zu kämpfen, ein Kennzeichen echter muslimischer Frömmigkeit: "Die Gläubigen sind diejenigen, die an Gott und seinen Gesandten glauben und hierauf nicht Zweifel hegen, und die mit ihrem Vermögen und in eigener Person um Gottes willen Krieg führen. Sie sind es, die es ehrlich meinen" (49,15).

 

Das Paradies für Märtyrer?

 

Auch die islamische Überlieferung, die Sammlung der Entscheidungen und Handlungsweisen Muhammads, hebt den "djihâd" lobend hervor: "Der 'djihâd' ist eines der Tore zum Paradies", oder: "Der 'djihâd' ist ein Akt reiner Hingabe" (an Gott)[1]. Solche Verse scheinen dem Märtyrer direkten Zugang zum Paradies zu versprechen. An mehreren Stellen scheint der Koran den Märtyrertod in direkte zeitliche Abfolge zum Eingang ins Paradies zu stellen: „Wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann schlagt (ihnen) auf die Nacken! ... Denen, die auf Gottes Weg getötet werden, wird er ihre Werke niemals fehlgehen lassen, daß sie damit nicht zum Ziel kommen würden. Er wird sie rechtleiten, alles für sie in Ordnung bringen und sie ins Paradies eingehen lassen, das er ihnen zu erkennen gegeben hat“ (Sure 47,4-6).

Selbstmordkommandos hat es auch außerhalb des Islam gegeben, so z. B. bei japanischen Kamikaze-Kämpfern im 2. Weltkrieg. Allerdings hat der Islam aufgrund dieser Versprechen wie „Der 'djihâd' ist eines der Tore zum Paradies", die insbesondere in der Überlieferung so deutlich formuliert werden, ein gewisses Potential, um Selbstmordattentate mit ewiger Errettung in Zusammenhang zu bringen, zumal im Islam aufgrund des Glaubens der Allmacht und damit Unvorhersagbarkeit der letzten Entscheidung Allahs im Gericht für den „normalen“ Gläubigen immer eine gewisse Unsicherheit bleibt, ob er wirklich errettet oder doch verworfen wird.

 

Der "djihâd" zu Lebzeiten Muhammads

 

Daß Muhammad nach seiner Übersiedlung nach Medina im Jahr 622 n. Chr. (der ‚hijra’) auch zum Mittel des bewaffnetenen Kampfes gegen diejenigen griff, die sich dem Islam und Muhammad persönlich als Heerführer der ersten muslimischen Gemeinde nicht unterwerfen wollten, darüber besteht auch bei muslimischen Theologen kein Zweifel. Zu den Feinden des Islam gehörten in den Jahren 622 bis 632 n. Chr., dem Todesjahr Muhammads vor allem Juden, Christen und die Angehörigen der verschiedenen arabischen Stämme.

Die Juden betrachteten Muhammad vor allem als politische Gegner, die ihn durch ihren Spott und die Nichtanerkennung seiner Sendung, sowie durch ihre große Zahl bedrohten. Muhammad betrachtete die Juden als Feinde Gottes und begann ab 624 n. Chr., eine militärische Lösung des Konfliktes zu suchen. Er belagerte sie, vertrieb sie aus Medina, tötete etliche Hundert Männer - trotz ihrer Kapitulation - und verkaufte Frauen und Kinder in die Sklaverei.

Von den Christen hatte sich Muhammad zu Anfang seiner Verkündigungen Anerkennung erhofft. Als diese Hoffnung sich für ihn nicht erfüllte, wich Muhammads anfänglich positives Urteil über die Frömmigkeit, Liebe und Demut der Christen mehr und mehr einer ablehnenden Haltung. Er verurteilte sie nun wegen ihres Glaubens an die Dreieinigkeit und Gottessohnschaft, aus islamischer Sicht Vielgötterei. Gegen die Christen ging Muhammad aufgrund ihrer kleinen Zahl nicht militärisch vor, sondern beschränkte sich auf ihre theologische Verurteilung als "Ungläubige" und "Frevler", die das Höllenfeuer erwartet: "Ungläubig sind die, die sagen: "Gott ist Christus, der Sohn der Maria.' ... Wer Gott (andere Götter) zur Seite stelle, dem hat Gott das Paradies verboten. Das Höllenfeuer wird ihn aufnehmen. Und die Frevler haben keine Helfer. Un­gläubig sind diejenigen, die sagen: 'Gott ist einer von dreien.' Es gibt keinen Gott außer einem einzigen Gott ... Diejenigen von ihnen, die ungläubig sind, wird (dereinst) eine schmerzhafte Strafe treffen" (5,72-73).

Muhammad erkannte an, daß Juden und Christen bereits eine Offenbarung Gottes erhalten hatten, also nicht mit den arabischen Polytheisten auf eine Stufe zu stellen waren. Da Juden und Christen verfälschten jedoch nach Muhammads Auffassung ihre Offenbarung im Laufe der Zeit. Der Koran ermahnt die Muslime wohl auch zu dieser Zeit, sich nicht die Christen zu Freunden zu nehmen: "Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden! Sie sind untereinander Freunde (ergänze sinngemäß: aber nicht mit euch). Wenn einer von euch sich ihnen anschließt, gehört er zu ihnen (ergänze sinngemäß: und nicht mehr zu der Gemeinschaft der Gläubigen). Gott leitet das Volk der Frevler nicht recht" (5,51).

 

Der "djihâd" gegen das "Haus des Krieges" nach Muhammads Tod

 

Im 11. Jahrhundert n. Chr. erarbeitete der sunnitische Rechtsgelehrte al-Mâwardî eine Theorie, die insbesondere im Bereich des Islamismus bis heute Anerkennung erfährt. al-Mâwardî unterteilte die Welt in zwei Bereiche, das "Haus des Islam" (arab. dâr al-islâm), in dem der Islam und das islamische Gesetz aufgerichtet sind und das "Haus des Krieges" (arab. dâr al-harb), in dem der Islam noch nicht regiert.

Diese Einteilung findet sich so weder im Koran noch in der islamischen Überlieferung. In der Theorie führt das "Haus des Islam" beständig gegen das "Haus des Krieges" einen gerechten Eroberungskrieg, den „djihâd“, und zwar so lange, bis auch das "Haus des Krieges" zum "Haus des Islam" geworden ist. Das "Haus des Krieges" hat keine eigentliche Existenzberechtigung neben dem "Haus des Islam" und soll so bald wie möglich in das "Haus des Islam" überführt werden.

 

Waffenstillstand mit dem "Haus des Krieges"

 

Islamische Theologen führen aus, daß jedoch für eine begrenzte Zeit Waffenstillstand herrschen kann, gemäß des Vorbilds Muhammads, der in Zeiten und mit Gegnern, über die ein militärischer Sieg derzeit aussichtslos schien, Waffenstillstandsabkommen geschlossen hatte. So hatte Muhammad im Jahr 628 mit den Mekkanern den berühmten Vertrag von Hudaibiya geschlossen, der einen zehnjährigen Waffenstillstand beinhaltete. Allerdings fühlte sich Muhammad an diesen Vertrag nicht lange gebunden, denn er brach ihn schon im folgenden Jahr, im Jahr 629, als er bei der Schlacht von Hunayn seine Vertragspartner besiegen und damit erzwingen konnte, die Wallfahrt nach Mekka durchzuführen, die ihm die Mekkaner bisher verwehrt hatten[2]. Muhammad betrachtete offensichtlich seinen mit den - aus seiner Sicht - Ungläubigen unter veränderten politischen Umständen als nicht bindend.

 

Die Einladung zum Islam - Islamische „Missions“arbeit („Da’wa“)

 

Der Islam ist eine aktiv missionarische Religion, die ständig Nichtmuslime einlädt und auffordert, zum Islam überzutreten. Diese "Einladung" ist ebenso als „djihad“ aufzufassen, denn sie dient auch der Ausbreitung des Islams. Der Ruf zum Islam ergeht heute in der westlichen Welt durch Literatur- und Schriftenmission (auf Buchmessen, in Mensen und Studentenwerken), Gesprächsgruppen an Universitäten, Koranverbreitung, für den Islam werbende Webpages im Internet, Zeltlager, Sportgruppen, Frauentreffen, Zeitschriften und Buchveröffentlichungen, Besuch von insbesondere christlichen Veranstaltungen zum Thema „Islam“, Gefängnisarbeit, Freundschafts“mission“ [3]., aber auch durch Tage der Offenen Tür in Moscheen und religionsverschiedene Ehen, in denen die nichtmuslimische Ehefrau häufig zum Islam übertritt. In manchen, insbesondere schwarzafrikanischen Ländern werden nicht selten Hilfeleistungen  wie der Besuch von Schulen oder Krankenhäusern mit dem Übertritt zum Islam gekoppelt.

Im Bereich des Extremismus ziehen politisch aktive Gruppierungen aus der Auffassung, daß der „Ruf zum Islam“ auch bereits an den Westen ergangen ist und der o. g. Theorie der Einteilung der Welt in das "Haus des Krieges" und das "Haus des Islam" die Schlußfolgerung, daß nun die Zeit des politischen Handelns gekommen sei.

 

Die Stellung der "Schriftbesitzer" (Juden und Christen) im Islam

 

Als Juden und Christen hatten die "Schriftbesitzer" in den vom Islam eroberten Gebieten eine Sonderstellung als „Schutzbefohlene“ (arab. dhimmis). Sie mußten nicht zum Islam konvertieren, jedoch in Anerkennung der Oberherrschaft des Islam eine "Kopfsteuer" (arab. jizya) und zeitweise auch eine Grundsteuer (arab. harâj) entrichten, eine Abgabe zu einer Art 'Freikauf' vom Übertritt zum Islam (nach Sure 9,29).

Zahlreiche Quellen belegen, daß das Bemühen muslimischer Herrscher dahin ging, die Zahl der Angehörigen christlicher Minderheiten zu verringern und Anreize zur Konversion zu schaffen bzw. durch Entzug von Rechten Druck auszuüben. Sie blieben immer Bürger zweiter Klasse, rechtlich benachteiligt, stets nur geduldet und oft gedemütigt. In den verschiedenen islamischen Ländern wurden Juden und Christen nach den islamischen Eroberungen unterschiedlich wohlwollend behandelt. Es gab Zeiten und Orte, an denen beide Gruppen relativ ruhig leben konnten, es gab und gibt jedoch auch Ausschreitungen besonders gegen Christen, wie z. B. die Überfälle und Ermordungen von Christen in Indonesien oder Oberägypten, oft unter dem Vorwand, Christen hätten Konflikte inszeniert.

Aufgrund der Tatsache, daß Juden und Christen und ihr Glaube nach Ansicht muslimischer Theologen letztlich auf Dauer keine Existenzberechtigung haben, aufgrund der Vorbildfunktion Muhammads in der Behandlung der Schriftbesitzer, der Vielschichtigkeit friedlich-anerkennender und kämpferischer Koranverse und der daraus abgeleiteten unterschiedlfichen Auffassungen muslimischer Theologen, haben Nichtmuslime in der islamischen Welt immer eine unterpriviligierte Stellung, werden benachteiligt und manchmal aktiv bedroht. Seitens des Staates wird gegen Übergriffe nicht immer mit aller zur Verfügung stehenden staatlichen Härte vorgegangen. Zwar bemühen sich viele islamische Länder, durch rigoristische Maßnahmen Aktivitäten islamistischer, den Staat selbst bedrohender Gruppierungen so weit wie möglich einzudämmen. Das Vorgehen kann jedoch weitaus weniger entschlossen sein, wenn islamistische Ausschreitungen sich nicht gegen den Staat, sondern "nur" noch gegen die unterpriviligierte Minderheit der Christen richten.

 

"Djihâd" heute?

 

Wenn man die klassische Einteilung islamischer Theologen der Welt in das "Haus des Islam" und das "Haus des Krieges" zugrundelegt, scheint der Schluß nahezuliegen, daß auch die westliche Welt zum "Haus des Krieges" gehören, was allerdings noch nicht automatisch bedeutet, daß es auch zum bewaffneten Kampf kommen muß. Aus islamistischer Sicht hat die nichtislamische Welt auf Dauer keine Existenzberechtigung; eine Ansicht, die durch den moralischen Verfall des Westens - aus islamistischer Perspektive - zusätzliche Bestätigung erfährt.

 

„Das Haus des Vertrages“

 

Es gibt allerdings auch die Auffassung unter muslimischen Theologen, Deutschland (und die übrigen westlichen Staaten) gehörten nicht zum "Haus des Krieges", sondern seien so lange als quasi-islamische Länder zu betrachten, so lange Muslime dort ihren Glauben 'ungehindert' ausüben können und Rechtssicherheit genießen[4]. Wieder andere Theologen sind der Auffassung, daß heute nur noch die friedliche Ausbreitung des Islam gestattet[5].

 

Der "djihâd" des Herzens und der Zunge

 

Große Unterschiede gibt es in der Auffassung muslimischer Theologen, ob dieser Kampf heute geführt werden muß und wie er praktisch auszusehen hat. Einige Theologen, insbesondere islamische Mystiker und einige schiitische Theologen, sind der Auffassung, daß der eigentliche "djihâd" darin bestünde, im täglichen Leben mit Wort und Tat den Geboten des Islam ganz und gar Folge zu leisten. Dies sei der „djihad des Herzens, der Zunge und der Hände“, der dem demgegenüber minderwertigeren „djihad des Schwertes“ weit überlegen sei.

Die Problematik liegt beim Thema "djihâd" darin, daß durch das Vorgehen Muhammads gegenüber Andersgläubigen (erst friedliche Verkündigung, dann kämpferische Auseinandersetzung), durch die teilweise mehrschichtigen Anweisungen in Koran und Überlieferung, durch die Praxis muslimischer Herrscher nach Muhammad, die voneinander abweichenden Auffassungen muslimischer Theologen und nicht zuletzt die veränderten außen- und innenpolitischen Kräfteverhältnisse der islamischen Welt die im allgemeinen unbestrittene Verpflichtung zum "djihâd" inhaltlich völlig unterschiedlich aufgefaßt werden kann. Politisch aktive Gruppierungen können sich mit Rückgriff auf entsprechende Verse im Koran auf die kämpferische Komponente des "djihâd" berufen, während Mystiker mit ihrer nach innen gerichteten Suche nach Gott die friedlichen Mittel und Absichten des "djihâd" für den Islam betonen können.

Terroranschläge und westliche Welt: Unterschiedliche Wahrnehmungen der westlichen und islamischen Welt

 

Wer in den letzten Wochen muslimische Stimmen zu den Anschlägen gehört hat, die die Anschläge nicht verurteilten, der hat vielleicht mit Verwunderung festgestellt, daß es ernsthaft vorgebrachte islamische Erklärungsmodelle gibt, nach denen die Anschläge vom „Weltzionismus“, vom Mossad oder „von der CIA“ oder der „amerikanischen Mafia“ verübt worden seien. „Sie wollen jetzt die Katastrophe der arabischen Welt anhängen“, äußerte ein Ägypter in einem Interview. Dies ist nicht eine lächerliche Außenseiterposition, sondern die Ansicht vieler Muslime im Nahen und Mittleren Osten. Amerika oder Israel hätte die Anschläge selbst inszeniert, um nun auf militärischem Wege gegen die islamische Welt vorgehen zu können. Außerdem, so geisterte eine weitere Meldung durch die Presse, seien 400 (oder 4.000) Juden am Tag der Anschläge nicht zur Arbeit im World Trade Center erschienen, da sie von den Angriffen gewußt hätten.

 

Die Überlegenheit des Islam

 

Einer der Gründe dafür liegt in einer Weltsicht, die sich radikal von der westlichen Weltsicht unterscheidet: Schon im Koran findet die sich von Juden und Christen abgrenzende Auffassung, die Muslime seien „die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen entstanden ist“ (3,110). Muhammad, „das Siegel der Propheten“, verkündigt den Islam, der auch schon von Adam, Abraham, Mose und Jesus verkündigt wurde. Muhammad rief alle, auch die Christen, zum wahren Glauben, dem Islam zurück. Der Islam wird als Urreligion der Menschheit aufgefaßt, als Religion also, die von Ewigkeit bestand und in Ewigkeit als einzige bestehen wird, denn „Die Religion bei Gott ist der Islam“ (3,19).

 

Die verwerfliche westliche Gesellschaft

 

Ausgehend von diesen Denkvoraussetzungen ist es für politisch denkende Muslime nicht hinnehmbar, daß der Westen, nicht die islamische Welt, die wirtschaftliche und militärische Vorherrschaft über die Welt errungen hat. Die westliche Welt hat aus dem Blickwinkel islamistischer Kräfte dazu weder die religiöse noch die moralische Berechtigung. Die religiöse nicht, weil das Christentum, mit dem der Westen identifiziert wird, eine Religion ist, die eine zeitlich vorübergehende Erscheinung darstellt. Der Islam ist die beste, vernünftigste, reinste, gottgefälligste und moralischste Religion der Erde.

In moralischer Hinsicht besitzt der Westen diese Berechtigung deshalb nicht, weil Islamisten sich intensiv mit der allgegenwärtigen und - aus ihrer Sicht verabscheuungswürdigen - Unmoral (Homosexualität, Prostitution, Abtreibung, Scheidung, Zerfall der Familie u. a. m.) des Westens auseinandersetzen und schlußfolgern, daß der Islam für diese sinnentleerte, orientierungslose, pluralistische, gottlose Gesellschaft, die sich selbst immer mehr in den Abgrund reißt, die Antwort sei. Der Westen ist in den Augen vieler islamistischer Gruppierungen reif für die Übernahme durch den Islam. Nur in den Mitteln, wie dies geschehen soll, unterscheiden sich die unterschiedlichen islamischen Gruppierungen: Manche betreiben friedliche Mission, andere kämpfen für die Anerkennung und Gleichberechtigung des Islams neben den christlichen Kirchen, wieder andere sind der Auffassung, daß es an der Zeit sei, die „ungerechte“ und „unrechtmäßige“ Herrschaft des Westens abzulösen, zur Not auch durch bewaffneten Kampf.

 

Das Dilemma der islamischen Welt

 

Eine weitere, weitgehend unbekannte Denkvoraussetzung islamistischer wie terroristischer Kräfte liegt im tiefempfundenen Gefühl der Unterlegenheit und des Gedemütigtseins der islamischen Welt durch die westliche Welt. Noch gut in Erinnerung von der Zeit des Kolonialismus, der als unmittelbare Fortsetzung der Kreuzzüge empfunden wurde, sind heute viele Muslime der Auffassung, daß die USA auf mancherlei Weise diese Eingriffnahme in die islamische Welt wiederholt und fortsetzt. Diese Auffassung scheint bestätigt zu werden, wenn die USA z. B. durch Waffenlieferungen an untereinander verfeindete islamische Gruppierungen in innerislamische Konfliktherde eingreift wie es zur Zeit der sowjetischen Invasion in Afghanistan geschah, als die USA die Taliban unterstützte, die sie jetzt bekämpft. Aber auch wirtschaftliche und infrastrukturelle Hilfs- und Aufbauleistungen werden von vielen vorwiegend als Demütigung empfunden.

Ein Höhepunkt dieser fortgesetzten Demütigung war die Unterstützung Saudi-Arabiens im Golfkrieg 1991. Daß überhaupt eine westliche Militärmacht den Boden Saudi-Arabiens betreten durfte, das Land, das die beiden heiligen Stätten des Islam, Mekka und Medina beherbergt, versetzte der saudi-arabischen Bevölkerung, die von der Außenwelt, insbesondere der westlichen Welt nach wie vor sehr abgeschieden lebt, einen Schock. Die amerikanischen Soldaten kamen als Nichtmuslime, als Christen, die Bibeln besaßen, deren Besitz in Saudi-Arabien verboten ist, die vielleicht Blut, Schweinefleisch und Alkohol mit sich führten, die das Land rituell verunreinigten, in unehelichen Beziehungen lebten, die saudi-arabischen Kleidungsvorschriften nicht beachteten und sogar Frauen als Soldatinnen mitbrachten, die Auto fuhren, was saudischen Frauen damals völlig verboten war. Saudi-Arabien befand sich in dem Dilemma der Hilfsbedürftigkeit gegenüber dem Westen und dessen gleichzeitigen moralischen Verurteilung.

Osama bin Laden äußerte sich folgendermaßen zum amerikanischen Eingreifen im Golfkrieg: „Zweifellos ist dieser hinterhältige Überfall ein Beweis dafür, daß Großbritannien und Amerika im Auftrag Israels und der Juden handeln und den Juden den Weg ebnen, die moslemische Welt erneut zu spalten, sie zu versklaven und zu plündern ... Nun trifft man in dem Land, wo Mohammed geboren und ihm der Koran offenbart wurde, überall auf Ungläubige. Die Situation ist sehr ernst. Die Regierenden haben ihre Macht verloren. Moslems sollten daher tun, was ihre Pflicht ist, denn die Regierenden dieser Region haben sich mit der Invasion ihrer Länder abgefunden. Doch gehören diese Länder dem Islam und nicht denen, die dort herrschen.“ Aus diesen Worten spricht die Ohnmacht des Gedemütigten angesichts der „Invasion“ einer unrechtmäßigen Herrschermacht.

In derselben Zwickmühle befindet sich jetzt Pakistan. Pakistans Regierungschef Perwez Musharraf sucht den Anschluß an den Westen, muß aber dem eigenen Volk und einer großen islamistischen Mehrheit erklären, warum er die Verbrüderung mit einer westlichen Regierung der islamischen Brüderlichkeit mit Afghanistan den Vorzug gibt.

Kein Wunder, daß aus muslimischer Sicht Israel als jüdischer Staat vor dem Hintergrund der Verachtung des Korans für die Juden, die unter dem Schutz der Weltmacht Amerika stehen, ein echter Dorn im Auge ist. Es formieren sich Weltverschwörungstheorien, die, isoliert betrachtet, unerklärlich scheinen, aber aus der Weltsicht islamistisch-extremistischer Gruppen nachvollziehbar werden.

 

Das nahöstliche Verständnis von Ehre und Schande – Grundkonzept islamischen Denkens

 

Die westliche Überlegenheit und die Hilfsbedürftigkeit der islamischen Welt wird dort weithin als Gesichts- und Ehrverlust empfunden. Wodurch die Ehre eines Menschen in der islamischen Welt bedroht wird und was es dort bedeutet, seine Ehre zu verlieren, kann hierzulande kaum nachvollzogen werden. Die Ehre zu wahren ist wichtiger, als das eigene Leben. Die Frauen einer Familie sind die Trägerinnen der Ehre einer Familie. Durch ihr Verhalten wahren oder gefährden sie deren Ehre. Hat eine Frau die Ehre der Familie beschmutzt, kann sie selbst nichts dazu tun, ihre Ehre wiederherzustellen. Der Mann muß die Ehre wiederherstellen und dies durch von außen erkennbare drastische Maßnahmen, die bis zur Tötung der Frau reichen können.

Eine drastische Reaktion auf Ehr- und Gesichtsverlust war ein Interview mit dem Vater eines der mutmaßlichen Terroristen der Anschläge auf das World Trade Center, Muhammad al-Atta: Es wurde berichtet, daß der Vater al-Attas, der zu seinem Sohn bereits eineinhalb Jahre keinen Kontakt mehr hatte, aufs äußerste erregt und aufgebracht die Beschuldigungen von sich wies, sein Sohn könnte mit der Entführung der Flugzeuge etwas zu tun gehabt haben. Er sei am Vorabend der Anschläge in einer Bar beim Alkoholkonsum gesehen worden? Undenkbar! „Das wäre genauso, als ob eine gläubige verschleierte Jungfrau Prostituierte nach Ägypten einschleusen würde!“ Dieser Wortgebrauch aus dem Bereich der Sexualität macht für arabische Ohren unmißverständlich deutlich, daß hier Ehre verletzt wurde. Muhammad al-Attas Vater hatte durch die direkten Beschuldigungen sein Gesicht gewissermaßen vor der Weltöffentlichkeit verloren. Öffentliche Bloßstellung durch eine Anklage durch den Westen – hierauf folgt unweigerlich eine überaus heftige Reaktion.

Da in der islamischen Welt eine Familie alles daransetzt, ihre Ehre nicht einzubüßen, da niemand ohne Ehre leben kann, ist einer der Abwehrmechanismen die Abweisung der Schuld und der Verweis auf andere. Die Verursacher der überall im Nahen Osten gegenwärtigen innerislamischen Krisen (Arbeitslosigkeit, Bildungsmisere, fehlende Infrastruktur, Überbevölkerung, Korruption, wirtschaftliche Ineffizienz) werden in der Existenz, ja der „Verschwörung“ der westlichen Welt gegen die islamische Welt erkannt, die alles versuche, der islamischen Welt zu schaden, ja, sie zu vernichten. Daher die Verschwörungstheorien für die Terroranschläge, die Nichtmuslimen so unerklärlich erscheinen.

 

Schlußfolgerungen

 

Es ist eine Tatsache, daß auch im Namen des Christentums zahlreiche Verbrechen verübt, andersdenkende, unschuldige Menschen umgebracht wurden und die Kreuzzüge stattfanden. Immer laufen jedoch solche kriegerischen Attacken der Botschaft der Bibel zuwider und dem, der sich selbst als „Friedefürst“ bezeichnet hat. Christliche Mission hat, richtig verstanden, nie etwas anderes sein dürfen, als durch Wort und Tat bezeugte Nächstenliebe, um Menschen auf den hinzuweisen, der der Ursprung aller Liebe ist. „Wer das Schwert nimmt, wird durch’s Schwert umkommen“, „Stecke dein Schwert in deine Scheide“ (Matt 26,52) sind nicht nur programmatische Abschiedsworte Jesu bei seiner Gefangennahme, sondern unterstreichen die christliche Botschaft, für die die Gewaltlosigkeit, die Achtung des anderen, ja seine Höherachtung Grundkonzept und Programm ist. Als Christ mag man manchen islamischen Denkern in der Analyse der westlichen Gesellschaft in manchem leider recht geben müssen. Frieden in einer Gesellschaft kommt jedoch nicht durch Herrschaft mit dem Schwert, durch Unterdrückung von Minderheiten und der Aufrichtung der islamischen Ordnung, sondern nur dadurch, daß Menschen mit Gott und sich selbst und dann auch mit ihrem Nächsten zum Frieden finden.

Demgegenüber ist es terroristischen Gruppierungen, die bestimmte Passagen des Korans, die zu Gewaltanwendung und Kampf aufrufen, als bindend und gültig auf gegenwärtige Verhältnisse beziehen, durchaus möglich, im Vorbild Muhammads im Umgang mit seinen Gegnern reichlich Rückhalt zu finden. Gegenwärtig spielt sich für diese Gruppierungen eine „Neuauflage“ der Demütigung der islamischen Welt ab. Dafür wird der dekadente Westen nun zur „Rechenschaften“ gezogen.

So lange der Westen nicht einmal verstanden hat, in welchen Kategorien das Denken dieser muslimischen Gruppierungen stattfindet, werden wenige Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden können. Wir haben uns in den vergangenen 40 Jahren, seitdem muslimische Arbeitskräfte in Deutschland angeworben wurden und zahlenmäßig durch Familiennachzug und hohe Geburtenzahlen zu einer Zahlvon 3,3 Mio. Menschen anwuchsen, viel zu wenig mit den unterschiedlichen Gruppierungen und ihrer Weltsicht beschäftigt, aber auch zu wenig in zwischenmenschliche Begegnungen investiert.

Zu Anfang verhinderte das Konzept des „Gastarbeiters“, der über kurz oder lang in sein Heimatland zurückkehren würde, weitreichende Integrationsbemühungen, aber auch, als deutlich wurde, daß die Mehrheit der in den 80er und 90er Jahren in Deutschland aufwachsenden zweiten und dritten Generation der Muslime in Deutschland bleiben würde, wurde nicht umgedacht, während gleichzeitig muslimische Gruppen sich ihrerseits immer mehr zurückzogen und von der deutschen Mehrheitsgesellschaft abkapselten. In Großbritannien ist bereits eine Parallelgesellschaft entstanden, die die Anwendung islamischer Gesetze auf muslimische Staatsbürger – also die rechtliche Ungleichbehandlung nach Religionszugehörigkeit - fordert. Die Integration scheint dort gescheitert.

Es scheint dringend geboten, daß in neuen Kategorien gedacht und neue Lösungsansätze für das Zusammenleben gesucht werden. Christen sollten ihrerseits darüber nachdenken, wie sie der Herausforderung Islam in Europa begegnen können, indem sie zwischenmenschliche Begegnungen pflegen, sich fundiert über den Islam informieren und muslimische Mitmenschen vermehrt zur Begegnung mit dem Friedefürsten einladen.

Dr. Christinne  Schirrmacher

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Dr. Christinne Schirrmacher, Islamwissenschaftlerin, ist Herausgeberin  und Chefredakteurin der Zeitschrift  ISLAM UND CHRISTLICHER GLAUBE  ( ISLAM AND CHRITIANITY) des INSTITUTS FÜR ISLAMFRAGEN ( I f I )  (  JOURNAL of THE INSTITUTE OF ISMAMIC STUDIES, Bonn . Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich in Deutsch und Englisch.                    

 


[1] E. Tyan. Djihâd. in: Encyclopaedia of Islam. E. J. Brill: Leiden, 1991, Vol. 2, S. 538-540, hier S. 539

[2] s. Christine Schirrmacher. Der Islam. Hänssler Verlag: Neuhausen, 1994, Bd. 1, S. 85-87

[3] Vgl. die aufschlußreiche Studie von Larry Poston. Islamic Da'wah in the West. Muslim Missionary Activity and the Dynamics of Conversion to Islam. Oxford University Press: New York, 1992

[4] Vgl. die Nennung einiger muslimischer Gelehrter bei Muhammad Salim Abdullah, Islam für das Gespräch mit Christen, CIS: Altenberge, 1984, S. 106-108

[5] Tyan. Djihâd. S. 539

 

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